Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz (UrhWissG) beschlossen

Der Deutsche Bundestag hat in seiner Sitzung am 30. Juni 2017 das Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz (UrhWissG) beschlossen. Es wird am 1. März 2018 in Kraft treten. Das Gesetz soll die Regelungen zur Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke für Bildung und Forschung (sogenannte Schrankenregelungen) reformieren. Dazu sollen die Vorschriften über die erlaubnisfreien Nutzungen für Bildung und Wissenschaft neu systematisiert, konsolidiert und vereinfacht werden. Dabei folgt zugleich eine Erweiterung der Erlaubnistatbestände unter Berücksichtigung des Unionsrechts. Dies soll sowohl eine bessere Auffindbarkeit und Verständlichkeit für unterschiedlichste Anwender fördern als auch die Bedingungen an die Erfordernisse und Potentiale des digitalen Zeitalters anpassen.

ninocare, CC0

Um den berechtigten Interessen der Rechtsinhaber Rechnung zu tragen, sieht der Gesetzesentwurf grundsätzlich die Zahlung einer angemessenen Vergütung vor. Diese Vergütung erfolgt pauschal und wird durch die Verwertungsgesellschaften ausbezahlt. Neben den Urheber sollen auch die Verleger künftig an der angemessenen Vergütung beteiligt werden können.

Die neuen Regelungen über urheberrechtliche Nutzungen an Hochschulen, in Bibliotheken und Forschung sind bis Ende Februar 2023 befristet. Nach vier Jahren soll die Bundesregierung Bericht über die Auswirkungen des Gesetzes erstatten, insbesondere die Auswirkungen auf die Verlagslandschaft.

Das Kernstück des Gesetzes sind insgesamt sechs Schrankenregelungen.

  • § 60a UrhG erlaubt es, zur Veranschaulichung des Unterrichts und die Lehre an Bildungseinrichtungen (z.B. Schulen und Hochschulen) zu nichtkommerziellen Zwecken grundsätzlich bis zu 15 Prozent eines veröffentlichten Werkes zu vervielfältigen, zu verbreiten, öffentlich zugänglich zu machen und in sonstiger Weise öffentlich wiederzugegeben.
  • § 60b UrhG erlaubt Herstellern von Unterrichts- und Lehrmedien für solche Sammlungen bis zu 10 Prozent eines veröffentlichten Werkes zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen.
  • § 60c UrhG gestattet für die nicht-kommerzielle wissenschaftliche Forschung grundsätzlich bis zu 15 Prozent eines Werkes zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen; für die eigene wissenschaftliche Forschung wird die Vervielfältigung von 75% eines Werkes erlaubt (Abs. 2).
  • § 60d UrhG regelt erstmals das sogenannte Text- und Data Mining. Dies ist eine Forschungsmethode, bei der großer Mengen urheberrechtlich geschützter Inhalte (z.B. Texte, Bilder, Tonaufnahmen) automatisiert ausgewertet werden.
  • § 60e UrhG regelt verschiedene Erlaubnisse für Bibliotheken wie z.B. Werke aus ihrem Bestand zum Zwecke des Erhalts zu digitalisieren. Auch dürfen Bibliotheken an Terminals in ihren Räumen ein Werk aus ihrem Bestand ihren Nutzern für deren Forschung oder private Studien zugänglich machen und Vervielfältigungen von bis zu 10 Prozent eines Werkes zu nichtkommerziellen Zwecken ermöglichen. Ebenso wird der Versand von Kopien durch Bibliotheken geregelt.
  • § 60f UrhG enthält für Archive, Museen und Bildungseinrichtungen ähnliche Erlaubnisse wie für Bibliotheken in § 60e UrhG.

 

+++Update 16.08.2017+++

Digitale Semesterapparate: Einigung von KMK und VG Wort

Die Kultusminsterkonferenz und die Verwertungsgesellschaft Wort haben sich darauf geeinigt, dass die Vergütung für die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke in digitalen Semesterapparaten bis Ende Februar 2018 wie bislang pauschal erfolgt. Zum 1. März 2018 tritt das neue Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz (UrhWissG) in Kraft, in dem die Pauschalvergütung geregelt ist (siehe dazu die Ausführungen oben).

HRK-Präsident Prof. Dr. Horst Hippler: „Damit sind die digitalen Semesterapparate für das kommende Semester gesichert“.

abrufbar unter https://www.hrk.de/einigung-von-kmk-und-vg-wort/

 

Von Sebastian Horlacher, OERsax, CC-BY 3.0

2 Antworten so far.

  1. Was ist bei § 60c UrhG der Unterschied zwischen „nicht-kommerzieller wissenschaftlicher(!) Forschung“ und „eigener wissenschaftliche(!) Forschung“?

    Zweite Frage (nicht ganz ernst gemeint): Gibt es auch nichtwissenschaftliche Forschung, und wenn ja, was ist dann dort erlaubt?

    • Sebastian Horlacher sagt:

      Sehr geehrte Hr. Magdowski,

      in der Gesetzesbegründung ist dazu bislang nichts ersichtlich. Ein Vergleich mit dem momentanen § 52a UrhG zeigt aber…

      Dazu aus Fromm/Nordemann, 10. Auflage 2008, § 52a UrhG Rn.16:
      „Bezahlter Unterricht, bezahlte Auftragsforschung und die entgeltliche Zugänglichmachung sind folglich nicht priviligiert, da sie der Gewinnerzielungsabsicht dienen. Aufwandsentschädigung und Unkostenbeiträge sind hingegen unschädlich.“

      Beste Grüße vom Team OERsax

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