
Moritz Czyrnia ist Doktorand an der Professur für Industriebetriebslehre, Produktionswirtschaft und Logistik. Im Juni reiste er nach Bosnien-Herzegowina zur PRO-SLO PhD School 2025. Im Mittelpunkt stand die sogenannte SLO – Social License to Operate, also die gesellschaftliche Akzeptanz bei großen Projekten.
Dein Forschungsthema kurz erklärt: Worum geht’s und was macht es für dich so spannend?

In meiner Promotion beschäftige ich mich mit dem Recycling von Photovoltaik-Modulen in Deutschland, genauer mit der Planung dieses Prozesses. PV-Module enthalten wertvolle Materialien wie Lithium, Kupfer oder Glas, die für die Industrie von großer Bedeutung sind und möglichst im europäischen Kreislauf gehalten werden sollten. Dafür müssen wir verstehen, wie sich zukünftige Mengen an ausgedienten Modulen entwickeln und wo sie anfallen werden. Eine der zentralen Herausforderungen besteht darin, ein effizientes Sammel-, Transport- und Recyclingsystem zu planen, dass sowohl ökologisch, als auch wirtschaftlich sinnvoll ist. Genau diese Mischung begeistert mich besonders an meinem Forschungsthema, gerade in Hinblick auf Zukunftsrelevanz, praktischer Implikationen und gesellschaftlicher Verantwortung.
Was hat dein Auslandsaufenthalt für dein Promotionsprojekt gebracht?
Die PRO-SLO PhD-School in Vareš (Bosnien-Herzegowina) hat mir einen sehr wertvollen Einblick in die Bedeutung sozialer Akzeptanzprojekte im Rohstoffsektor gegeben. Zunächst gab es eine Vorlesungswoche, gefolgt von einer mehrwöchigen Gruppenarbeit und einem einwöchigen Aufenthalt vor Ort. Diese Kombination hat mir gezeigt, wie vielfältig die Sichtweisen auf die Rohstoffindustrie sind und half mir, diese fundiert einzuordnen. In Vareš wurde vieles greifbarer: Die vom Krieg der 1990er-Jahre geprägte Bergbaustadt befindet sich durch die Aktivitäten von Adriatic Metals, einem Unternehmen mit einem bedeutenden Bergbauprojekt, stark im Wandel. Zu sehen, wie wichtig Austausch, Transparenz und Beteiligung sind, hat meine Sicht auf solche Projekte nachhaltig verändert. Die Erfahrungen haben mir verdeutlicht, dass Akzeptanz und klare Kommunikation bei gesellschaftlich relevanten Projekten entscheidend sind – auch beim PV-Recycling, bei dem die Beteiligung der Gesellschaft eine zentrale Rolle spielt.

Was konntest du für dich persönlich mitnehmen?
Mich hat besonders beeindruckt, wie offen, herzlich und interessiert uns die Menschen in Bosnien-Herzegowina begegnet sind. Viele persönliche Gespräche haben mir gezeigt, wie eng wirtschaftliche Entwicklungen mit individuellen Lebensgeschichten verbunden sind. Gleichzeitig habe ich gelernt, wie wichtig es ist, Brücken zwischen allen Beteiligten zu bauen, damit große Projekte nachhaltig gelingen können. Die enge Zusammenarbeit mit internationalen Doktoranden anderer Universitäten hat mich ebenfalls sehr bereichert – einige Kontakte bestehen bis heute. Persönlich war der Aufenthalt ein Schritt aus meiner Komfortzone und hat mir geholfen, meine eigenen Interessen klarer zu erkennen. Die Bedeutung kritischer Rohstoffe – sei es durch deren Gewinnung im Bergbau oder durch ihre Rückgewinnung im Recycling – wurde mir dort erstmals so deutlich vor Augen geführt und hat meinen Weg in Richtung meines heutigen Promotionsthemas entscheidend geprägt.