
Sebastian Stahl promoviert am MSE Lab (Juniorprofessur für Mess-, Sensor- und Eingebettete Systeme). Im Oktober war er für drei Wochen bei einer Summer School an der China University of Mining and Technology in Xuzhou.
Dein Forschungsthema kurz erklärt: Worum geht’s und was macht es für dich so spannend?

Ich entwickle schnelle Computermodelle, mit denen man vorhersagen kann, wie Ultraschallwellen durch viele verschiedene Materialen laufen. Das ist ähnlich wie ein Arzt, der mit einem Ultraschallgerät das Innere unseres Körpers sichtbar macht, nur dass hier winzige Bauteile wie Chips untersucht werden, ohne sie aufschneiden zu müssen. Dafür nutze ich Rechenmethoden aus den Geowissenschaften, die zum Beispiel die Ausbreitung von Erdbeben modellieren. Sie ermöglichen es, die komplexen Schichtstrukturen effizient zu berechnen und liefern genaue Ergebnisse in kurzer Zeit. Das könnte die Qualitätssicherung für solche Chips stark beschleunigen. Mich fasziniert daran, dass Techniken aus der Geowissenschaft, die für eine Spanne von Kilometern gedacht sind, plötzlich helfen, kleinste millimeter-große Bauteile zu testen.
Was hat dein Auslandsaufenthalt für dein Promotionsprojekt gebracht?
An der Summer School teilzunehmen war in mehreren Aspekten hilfreich für meine Promotion. Es gab sowohl thematischen Vorlesungen als auch Führungen durch Testanlagen. Das Hören von Themen, bei denen ähnliche Werkzeuge und Methoden wie in meiner Arbeit eingesetzt werden, jedoch in einem anderen Kontext, erweitert das Verständnis der eigenen Tätigkeit. So erkennt man leichter, wo bereits vergleichbare Ansätze existieren oder dieselbe Methode für andere Zwecke genutzt wird. Auch wie die chinesische Kultur Wissenschaft, Universität und generell das Lernen im sozialen Kontext bewertet, hat mir eine neue Perspektive auf das Arbeitspensum gegeben, das eine Promotion so mit sich bringt . Arbeitszeiten von 10 Stunden am Tag, auch am Wochenende sind keine Seltenheit. Das hat mir vor Augen geführt, wie viel Zeit und Engagement eine Promotion tatsächlich erfordern kann – ein Aspekt, den ich vorher eher unterschätzt hatte. Dafür waren die kulturellen Ausflüge, die neben den Vorlesungen stattfanden, als auch der Austausch mit vielen chinesischen Studenten vor, während und nach den Veranstaltungen perfekt.
Was konntest du für dich persönlich mitnehmen?

Das Leben in einer chinesischen Stadt im Binnenland und ohne viel Tourismus ist zuerst ein bisschen herausfordernd gewesen, da ich keinerlei Chinesisch sprechen konnte, aber schnell wurde ich von der Gastfreundschaft der Einheimischen überzeugt. Ich habe viele neue Freunde kennengelernt, die in Zukunft für meine Arbeit und auch für mich persönlich sicher sehr wertvoll sein werden. Ich wurde auch schnell eines Besseren belehrt, wie viele Chilis man in eine Fischsuppe packen kann und sie immer noch Fischsuppe nennen darf. Darüber hinaus war es vor allem interessant die persönlichen Vorurteile, die man so über China kennt, mit der Realität abzugleichen. Zum Beispiel hat mich überrascht, wie leise und gleichzeitig chaotisch der Verkehr in den Metropolen abläuft. Es war auch eine neue Erfahrung, ein funktionierendes Langstrecken-Bahnnetz benutzen zu können.