2013 Asien Kasachstan Verfahrenstechnik

Mein IAESTE-Praktikum an der Staatlichen Universität von Pawlodar (PSU) war für den Bereich Kraftwerks- sowie Elektrotechnik ausgeschrieben. Als Sprachvoraussetzung war Englisch auf hohem Niveau gefordert und dementsprechend waren auch meine Erwartungen. Im Endeffekt habe ich allerdings nicht ein Wort Englisch in der Universität gesprochen, da außer den Angestellten im Internationalen Büro kaum jemand diese Sprache spricht. Daher lief die gesamte Kommunikation auf Russisch, was mir als Sprachtraining sehr gelegen kam. Die Verbesserung meiner Russisch-Kenntnisse war neben dem Kennenlernen eines weiteren post-sowjetischen Landes nämlich meine Hauptmotivation, mich für Kasachstan zu bewerben.

Als ich am ersten Tag den Dekan aufsuchte, in dessen Fachrichtung ich mein Praktikum ableisten sollte, war man am Lehrstuhl erst einmal recht überfordert, was man mit mir genau anstellen sollte. In einem längeren Gespräch erfuhr ich, dass es keine Möglichkeit gibt, direkt in einem Betrieb zu arbeiten und die Universität selbst auch nur wenige Möglichkeiten sieht, mir konkrete praktische Aufgaben zu geben. Nach dieser anfänglichen Ernüchterung einigten wir uns darauf, dass ich vorerst einmal verschiedene Kurse des Lehrstuhls besuche und man verschiedene Exkursionen in Betriebe mit mir unternehmen werde. Letztendlich ist aus den Exkursionen leider nichts geworden, da der Dekan nicht wirklich Interesse an einem Praktikanten wie mir gezeigt hat. In der ersten Vorlesung lernte ich allerdings einen Dozenten kennen, welcher gerade zusammen mit zwei Studenten eines höheren Kurses ein Projekt ins Leben gerufen hatte und mich einlud, daran mitzuarbeiten: Man wollte versuchen, aus organischer Biomasse (vorzugsweise Laub) und Altpapier Brennstoff-Pellets zu pressen. Anstatt für eine aufwändige Entsorgung der Laubmassen im Herbst zu zahlen, könnte man damit einen neuen und gleichzeitig ressourcenschonenden Weg der thermischen Verwertung beschreiten. Auch die Verwertung von Altpapier ist hier in Kasachstan aufgrund eines fehlenden Recycling-Systems interessant.

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Zusammen stellten wir also Laub-Papier-Briketts unterschiedlicher Mischungsverhältnisse her und untersuchten diese auf Dichte, Härte, Anteil flüchtiger Gase sowie weitere charakteristische Brennstoff-Parameter. Dabei orientierten wir uns an europäischen Normen für Brennstoff-Briketts. Mein Bedenken, dass das Laub aufgrund der hohen Verkehrsdichte in der Stadt zu viele Schwermetalle enthält, konnten aufgrund fehlender Apparaturen allerdings leider nicht überprüft werden. Generell war die Laborausstattung recht alt und einfach gehalten, jedoch war alles Notwendige vorhanden oder man musste sich eben wieder einmal in Improvisation üben. Das ist sowieso sehr oft die Divise, allerdings gewöhnt man sich sehr schnell daran und es macht auch irgendwie Spaß. Mein Betreuer war wirklich sehr engagiert und bemüht, jedoch ist der Lauf der Dinge an kasachischen Universitäten recht langsam und zum Teil auch sehr ineffizient. Daher haben wir meiner Meinung nach für sechs Wochen nicht wirklich viel geschafft, mein Team war allerdings zufrieden mit unserer Arbeit. Mein Arbeitsalltag bestand daher im Wesentlichen aus zwei Teilen: Morgens hörte ich Vorlesungen und nachmittags arbeiteten wir an unserem Projekt.

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Meine Freizeit verbrachte ich entweder mit Freunden aus dem Wohnheim oder mit meiner Gruppe aus der Universität. Leider ist IAESTE Kasachstan nur in Almaty, sodass es in Pawlodar keine wöchentlichen Praktikanten-Treffen oder Ausflüge gibt. Das war sehr schade, allerdings hatte man im International Office immer ein offenes Ohr für mich und ich war auch fast jeden Tag da – wenn auch nur für einen kurzen gemütlichen Schwatz oder einen Tee. Untergebracht war ich im Wohnheim der Universität, wodurch ich sehr schnell viele neue Leute kennen lernte. Daher war Einsamkeit mein kleinstes Problem, jedoch gab es anfangs einige Konflikte mit Leuten, die der Meinung waren, sich über Ausländer lustig machen zu müssen. Jedoch ist der Großteil der Menschen sehr freundlich, äußerst interessiert und überaus gastfreundlich und nach ein-zwei Wochen weiß man auch, wen man am besten meidet, um Konfrontationen aus dem Weg zu gehen. Solche Menschen gibt es ja überall, allerdings ist es mir in Pawlodar besonders aufgefallen, da man hier als Ausländer wirklich eine „Rarität“ ist. Mit diesem Besonders-Sein hatte ich anfangs ein wenig Probleme, jedoch pendelte sich dies recht schnell ein, da dies im Kontakt mit meinen neuen Freunden nicht ständig im Mittelpunkt stand. Wir waren öfters mal spazieren, im Kino, kochten zusammen oder trafen uns einfach irgendwo in einem Zimmer im Wohnheim, um gemeinsam zu quatschen oder zu spielen. Das Leben im Wohnheim war generell eine sehr spannende Erfahrung: Entweder bekommt man Gäste oder man geht selbst irgendwo hin, ständig lernt man neue Leute kennen und es gibt noch ein richtiges Gefühl von Gemeinschaft. Nur die Sperrstunde elf Uhr abends war richtig nervig: Danach sollte jeder in seinem Zimmer sein, da man am nächsten Morgen ja Unterricht hat und das Erscheinen in der Uni obligatorisch ist und Fehlen zu Strafarbeit etc. führen kann…

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Zusammenfassend hatte ich eine sehr gute Zeit in Kasachstan, konnte mein Russisch weiter verbessern, habe viele nette Leute und eine interessante neue Kultur kennen lernen dürfen, habe allerdings auch die Freiheiten bei uns in Europa noch mehr schätzen gelernt. Kasachstan ist ein spannendes Land, allerdings sollte man bereits Grundkenntnisse des Russischen haben, um es in allen Aspekten auch so erleben zu können.

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