2013 Südamerika Brasilien Geoökologie

Organisation und Unterkunft:

Anfangs war ich sehr überrascht, wie gut IAESTE in Brasilien organisiert ist und sogar mir einen Flughafen-Transfer und sämtliche nette Brasilianer genannt hat, die mich abholen und mich zur Unterkunft bringen. Das war allerdings auch schon der positivste Eindruck, den ich da erhielt. Ich lebte in einer Art Studenten-WG mit anderen IAESTE-Studenten zusammen, die mir anfangs ein paar nützliche Tipps geben konnten. Da sich meine Anreise und auch die Busfahrt von Belo Horizonte nach Viçosa um einige Stunden verzögerte (zu Beginn stand unser Bus gleich im Streik und somit standen wir stundenlang im Stau), war ich etwas nervös, da ich dadurch schon den ersten Praktikumstag verpasst habe- als typisch Deutsche ist das natürlich nicht mit dem eigenen Pflichtbewusstsein vereinbar. Aber diese Einstellung ist das Wichtigste, was man in Brasilien gleich zu Beginn ablegen muss, denn hier läuft alles anders ab und ist garantiert nicht mit deutschen Normen vergleichbar. Die erste Woche bin ich eigentlich nur von Professor zu Professor und von Termin zu Termin gegangen. Das klingt nun stressig- war es aber überhaupt nicht, denn dazwischen lagen meist Tage, bis ein Verantwortlicher mal wieder Zeit für mich hatte. Also fing mein Praktikum schon direkt mit Langeweile und ohne eine vernünftige Aufgabe an. Die erste Frage meines Professors, was ich überhaupt studiere und was ich hier vorhabe zu machen, hätte mich eigentlich schon stutzig machen sollen. Das ausgeschriebene Praktikum war zwar nicht hundertprozentig kompatibel mit meinem Studium, aber gewisse Parallelen konnte ich erkennen und ich dachte mir, dass sie das sicher genauso sehen, wenn sie mich angenommen haben. Wie sich herausstellte, hatte eigentlich kaum jemand Ahnung davon, dass sie eine Praktikantin bekommen sollten und wussten nichts mit mir anzufangen. Da mein Professor keine Zeit für mich hatte und auch meinte, dass ich lieber in meinem Fachbereich arbeiten sollte, überwies er mich an mein Institut, von dessen Existenz ich bis dato nicht einmal wusste. Nachdem ich tagelang von einem zum anderen gereicht wurde, habe ich versucht, mir selbst eine Aufgabe zu „schneidern“, was aufgrund der Sprachbarriere sehr eingeschränkt war.

Praktikumsverlauf:

Auch wenn ich letztlich ein ganz anderes Praktikum hatte, als das, was ausgeschrieben war und auf das ich mich beworben hatte, so konnte ich es mehr oder weniger selbst gestalten und konnte Präferenzen äußern. Jedoch war ich sehr eingeschränkt, weil sehr wenige (ausreichendes) Englisch sprechen. Ich war auch sehr abhängig von den Doktorandinnen, denen ich geholfen und mit denen ich gearbeitet habe. Wenn sie keine Zeit hatten oder nicht im Labor sein konnten, konnte ich nicht arbeiten und hatte frei, was ab und zu vielleicht ganz schön ist, aber nicht permanent. Ich hatte somit kein eigenes Projekt und konnte eigenverantwortlich arbeiten, sondern habe oft nur zusehen und kleinere Hilfsarbeiten verrichten können. Durch die Sprachbarriere wurde vieles erschwert und zum Teil unmöglich. Daher habe ich fachlich gesehen nicht sehr viel dazu gelernt und habe oft nur unter meinen Kompetenzen arbeiten können, aber es war dennoch eine Herausforderung, chemische Versuche und Experimente auf Portugiesisch zu bewältigen. Es ist auch eine eher entspannte Atmosphäre, bei der Hektik oder Arbeitsdruck kaum zum Tragen kommen, da Brasilianer durch ihre Mentalität anders arbeiten als wir Deutschen. Alles in allem kann ich dieses Praktikum nicht weiterempfehlen bzw. den Standort Brasilien, wenn man sich davon ein vernünftiges und förderndes Praktikum erhofft. Die einzigen Vorteile sind erweiterte Sprachkenntnisse und ein gutes Referenzschreiben für den Lebenslauf. Wenn man allerdings viel Freizeit haben möchte und einfach mal was von der Welt sehen will, für den ist diese Praktikums-Urlaubs-Kombination sicher etwas.

asasd

Sprache und Freizeit:

Brasilianer sind ziemlich aufgeschlossen und hilfsbereit und lernen auch gern neue Leute kennen, auch wenn die meisten sehr schüchtern sind und nur zaghaft Englisch sprechen, sofern sie es können. Man kann immer jemanden finden, um abends mal wegzugehen und wie in Deutschland auch sind Studentenfeiern keine Seltenheit. Um aber wirklich tiefgründige Kontakte zu schließen, muss man schon sehr gut Portugiesisch sprechen, wobei man hier unterscheiden muss: das eigene Vermögen, sich auszudrücken ist nicht unbedingt das schwierigste, sondern eher das Hör-Verständnis, was ich zugegebener Weise unterschätzt habe und mir deutlich einfacher vorgestellt hab, zumal ich schon Italienisch und Spanisch-Kenntnisse habe. Aber der Klang des Portugiesischen und die starke Neigung zu Abbreviaturen sind sehr gewöhnungsbedürftig und erfordern einige Übung und Konzentration. Das grundlegende Vokabular erlernt man recht schnell, besonders wenn man auf eigene Faust durchs Land reist und man außerhalb der Uni in den seltensten Fällen einen Englisch-sprechenden Brasilianer antrifft. Zeit zum Reisen hat man eigentlich genug und stellt auch meistens kein Problem von Seiten des Arbeitgebers dar, allerdings wird man schnell eines Besseren belehrt, wenn man der Annahme ist, dass in Brasilien das Reisen günstig sei. Daher sollte man das nötige Kleingeld miteinplanen. Das Land ist riesig und bietet mit seiner enormen Vielseitigkeit viele interessante Orte, die einen Besuch definitiv wert sind.

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