Anreise/Abreise
Am 03.06.2013 begann meine Reise in die Ukraine, genauer gesagt nach Ivano-Frankivsk im Westteil des Landes. Ich flog von Berlin aus über München nach Lviv (im Deutschen: Lemberg) und nahm von Lviv aus den Bus nach Ivano-Frankivsk. Hier kommt schon der erste Tipp für künftige Praktikanten: Versucht so wenig wie möglich mit dem Bus durch das Land zu fahren. Die Straßen in der Ukraine gleichen Buckelpisten und da die Busse nicht, wie in Deutschland TÜV-geprüft sind, kann es ein wirkliches Abenteuer werden. Ich benötigte von Lviv nach Ivano-Frankivsk (ca. 150 km) ungefähr 4 Stunden und im Hochsommer ohne Klimaanlage ist das eine Tortur. Also nehmt wirklich den Zug nach Ivano-Frankivsk oder wenn ihr eine andere Stadt besuchen wollt. Für eine Zugfahrkarte von Lviv nach Ivano-Frankivsk bezahlt man ungefähr 70-80 UAH für die zweite Klasse. Die dritte Klasse ist nur für kurze Strecken zu empfehlen und nicht unbedingt im Hochsommer. Hier sitzt man zusammen gedrängt mit anderen auf harten Pritschen und meist ohne Belüftung. In der zweiten Klasse hat man sein eigenes Bett und nur 4 Menschen sind in einem Abteil. Wesentlich angenehmer.
Unterkunft und das Leben in Ivano-Frankivsk
Alle Praktikanten von IAESTE schlafen in einem Hostel gegenüber der Universität. Das Hostel ist ein Studentenwohnheim mit angeschlossener Arztpraxis. Die Sektion, wo ich untergebracht war, ist die Luxus-Etage des gesamten Gebäudes. Hier wird regelmäßig geputzt, da auf der Etage einige Behandlungsräume des Arztes zu finden sind. Ich wohnte mit einer weiteren Deutschen in einem Zweibettzimmer. Wir hatten einen großen Tisch, zwei Stühle, einen großen Kleiderschrank und ein Regal als Mobiliar. Für Hausstauballergiker ist das Zimmer eine wahre Freude. Also nehmt euch genug Medikamente mit, um der Allergie entgegen zu wirken. Das Bad und die Toiletten sowie eine Dusche teilt man sich mit anderen Praktikanten beziehungsweise mit den nächsten 4 Sektionen. In meiner Zeit hatten wir von zwei Toiletten nur eine zur Verfügung, da bei der anderen einfach die Lampe fehlte. Des Weiteren ging der Boiler für das warme Wasser in meiner ersten Woche kaputt und so hieß es 4 Wochen lang kalt duschen. Zu zweit mieteten wir uns am ersten Wochenende eine Sauna für 150 UAH pro 1 ½ Stunden. Das war toll. Die Einrichtung heißt Pharao und ist nur zu empfehlen. Man hat eine Sauna, ein Swimmingpool, ein Bad und Sofas für sich.
Das Hostel bietet drei kostenlose Mahlzeiten pro Tag an für jeden Studenten. Es gibt typisches ukrainisches Essen. Ich kann dieses Essen nicht empfehlen, weil es fade und teilweise unzumutbar ist. Aber keine Angst verhungern braucht keiner. Die Kantine in der Universität ist gut und sowieso Essen gehen ist in der Ukraine sehr billig. Ich kann euch das Florens im Herzen der Stadt empfehlen. Dort bekommt man italienisches Essen, was super lecker schmeckt. Der weitere Vorteil ist die englischsprachige Speisekarte. Leider gibt es im Hostel keinen Kühlschrank und so kann man nur das kaufen, was man definitiv am selben Tag isst. Es gibt kleinere Shops in der unmittelbaren Nähe des Hostels und einen großen Supermarkt in der Stadt. Sonst bietet Ivano-Frankivsk eine 100m lange Shoppingstraße im Herzen der Stadt und viele kleine Märkte.
Arbeit, Betreuung und Sprachprobleme
Am zweiten Tag meines Aufenthaltes lernte ich meine Professorin kennen. Mein Praktikum war im Department für Geophysik der Universität angesiedelt und meine Aufgabenbeschreibung klang viel versprechend. Leider hatte ich während der ganzen Zeit nur 2 Aufgaben und somit viel Freizeit. Meine Professorin sah ich jede Woche einmal und dann hatten wir auch noch Verständigungsprobleme. Wenige Studenten oder Professoren sprechen an der Universität Englisch. Man kommt nur mit Russisch oder Ukrainisch weiter, was ich wiederum nie gelernt hatte. Deswegen hat jeder Praktikant einen sogenannten Interpreter. Diese sind Studenten der Uni, die Englisch studieren und für die das ein Job ist. Sie sind dazu verpflichtet mit euch Einkaufen, in die Uni oder auf Reisen zu gehen und werden dafür auch bezahlt. Also lasst euch nicht abspeisen von ihnen sondern fordert euer Recht ein. Die andere Deutsche und ich waren in der ganzen Zeit ziemlich auf uns allein gestellt und haben uns durch den netten jungen Mann in der Touristeninformation von Ivano-Frankivsk weiter helfen lassen. Er organisierte für uns die ersten Wochenendtrips. Eine weitere Möglichkeit, wenn eure Interpreter nicht zur Verfügung stehen, sind die Mitarbeiter des IAESTE Büros. Zu den schon angesprochenen Sprachproblemen: die Menschen in der Ukraine sind wirklich sehr freundlich und haben viel Geduld. Ich habe alles bekommen, was ich wollte und mit Hilfe von Englisch und Zeichensprache ist alles möglich. Was ich jedoch empfehlen kann, ist eine Übersetzer-App oder ein Wörterbuch.
Empfehlenswerte Trips
Ich besuchte in meiner Zeit die Städte Lviv und Kiew sowie einige Orte in den Karpaten. Lviv ist eine kleine aber wunderschöne Stadt, die sehr westeuropäisch orientiert ist. Im Sommer finden in der Stadt viele Festivals statt und man kann viel erleben. Was ich auch empfehlen kann, ist ein Besuch in Kiew möglichst für ein verlängertes Wochenende. Kiew ist eine sehr grüne und weitläufige Stadt mit vielen Sehenswürdigkeiten. Das Leben in Kiew ist teurer als in anderen Teilen der Stadt, aber immer noch relativ billig im Vergleich zu Deutschland. In Kiew befinden sich auch einige religiöse Zentren der russisch orthodoxen Kirche. Jede Frau sollte bedenken, dass es Pflicht ist ein Kopftuch zu tragen, wenn man Kirchen besuchen will und auch ein Rock wird gern gesehen (aber nicht zu kurz). Sonst muss man das Chimärenhaus in Kiew gesehen haben und die Prachtstraße von Kiew ist immer einen Besuch wert. Auch zu empfehlen ist eine Schifftour über den Fluss und eine Bustour um alle Seiten der Stadt kennen zu lernen. Ivano-Frankivsk liegt in der Nähe der Karpaten und diese Berge sollte man ebenfalls besuchen. Es gibt an verschiedenen Orten Wasserfälle, Bergseen und andere tolle Naturschauspiele zu sehen. Wichtig für alle Auspflüge oder Trips in weit entferntere Städte ist sie rechtzeitig zu planen. Macht euch schon vor dem Abflug aus Deutschland einen Plan, was ihr sehen wollt und setzt das bei euren Interpretern durch. Mir wurde leider dadurch ein Trip nach Odessa verwehrt, da meine Interpreterin ihre Aufgabe nicht so ernst nahm.
Fazit
Das 5 ½ Wochen Praktikum in der Ukraine war für mich ein Abenteuer. Es ist ganz anders als in Deutschland und man sollte eine innere Gelassenheit mitbringen. Es läuft teilweise nichts nach Plan und Probleme werden in der Ukraine nicht schnell gelöst. Stellt euch darauf ein auf gewisse Sachen (z.B. Meeting mit eurem Professor) warten zu müssen. Das Praktikum selber war für mich interessant aber ich hätte mir mehr darunter vorgestellt. Für meinen Geschmack hatte ich viel zu viel Freizeit und keine wirklichen Aufgaben. Wenn ihr dieses Praktikum als Pflichtpraktikum in eurer Universität nutzen wollt, rate ich euch ab. Da man kaum Aufgaben hat, kann man auch nicht viel nachweisen. Für mich war es ein freiwilliges Praktikum und somit ok, da ich nebenbei meine Bachelorarbeit schreiben konnte. Sonst ist die Ukraine anderes aber schön. Die Erfahrungen, die ich hier machen durfte, möchte ich nicht missen. Ich habe wirklich nette Leute kennengelernt und einiges über Land und Leute erfahren. Es war ein Abenteuer für mich, das ich rückblickend jedem empfehlen kann.