Das Praktikum in der Ukraine war eine relativ vielseitige Zeit in der man mit allem Typischen aus diesem Land konfrontiert wurde.
Ich nahm für die Reise nach Ivano – Frankivsk eine Busverbindung, die durch halb Deutschland fuhr, um die Reisenden aufzusammeln, und anschließend über Polen in die Ukraine führte. Sie war die günstigste Verbindung, die ich gefunden habe. Wahrscheinlich aber auch die am wenigsten komfortabelste, jedoch interessanteste Reisemöglichkeit neben Zug und Flugzeug. Die Fahrt dauerte von Chemnitz aus etwa 20 h und ich kam nach einem Busumstieg direkt am Bahnhof in Ivano-Frankivsk an.
Dort erwartete mich meine Übersetzerin bereits. Jeder, der an der Nationalen Ukrainischen Universität für Öl und Gas ein IAESTE Praktikum macht, bekommt eine Übersetzerin. Das liegt wohl daran, dass von den Einheimischen in Ivano-Frankivsk der englischen Sprache kaum einer mächtig ist.
Die Übersetzerin nahm mit mir sogleich eines von den zahlreichen Taxis, welches uns zum Wohnheim, was gegenüber von dem großen Campus der Universität erbaut wurde, beförderte. Das Wohnheim sieht jedoch auf dem ersten Blick nicht sehr heimisch und sauber aus. An die ausreichend mit Betten, Tisch und Schrank eingerichteten Zimmer gewöhnt man sich aber schnell. Für jedes Zimmer und für jede Etage gibt es einen gesonderten Eingang, wofür man jeweils einen Schlüssel bei den Hausfrauen des Wohnheims benötigt, den man bei jedem Verlassen des Hauses wieder abgeben muss.
Als ich mein Gepäck im Zimmer verstaut hatte, ging es zum Rundgang in die Stadt.
Ivano – Frankivsk ist eine sehr angenehme, von Tourismus geprägte Stadt, der man zum Teil seine Vergangenheit an den Gebäuden noch ansieht. Das Zentrum ist schön gestaltet und besitzt gut ausgebaute Straßen. Entfernt man sich jedoch von diesem, so werden die Straßen rapide schlechter, die Löcher auf den Straßen größer. Der offene Markt nahe des Zentrums in einem großen runden Gebäude, ist jeden Tag mit vielen Verkaufsständen besetzt. Selbst am Sonntag befinden sich Verkäufer auf dem Markt, die jedoch jeden Tag in der Woche gegen den frühen Nachmittag ihre Läden verschließen. Weiterhin fallen mir viele Bankgebäude auf, die sich häufig gegenüberstehen. Jede Bank besitzt je nach Größe, Schalter im Gebäude, häufig jedoch auch außen als freien Bankschalter. Nach meiner Empfehlung sollte man in das innere einer Bank gehen, um Geld abzuheben und die Sicherheit der Überwachungskameras nutzen zu können und nicht einen „fake“-Bankautomaten zum Opfer zu fallen. Das Abheben des Geldes selbst stellte sich nicht als Problem heraus, da fast alle Automaten in Englischer Sprache benutzt werden konnten.
Auch empfehlenswert ist es, seinen Pass ständig mitzuführen. Die Polizeistreifen kontrollieren gern Touristen und verlangen eine hohe Summe für einen fehlenden Ausweis. Ich hatte jedoch Glück und wurde nie kontrolliert.
Ivano – Frankivsk besitzt einige große Parks (z.B. Shevchenko Park, nach dem bekannten Lyriker aus der Ukraine, von dem es in fast jeder Stadt einen Park nach ihm benannt gibt.) und einen See mit einer kleinen Insel darauf. Zusammengefasst besitzt diese Stadt alles, was zu einer Westeuropäischen Stadt gehört, wie: Einkaufszentren, Handyläden, eine Oper, Kinos, Restaurants, Drogerien usw.
Die Restaurants haben wir als Gruppe von etwa 7 Austauschstudenten gut ausgenutzt. Das lag daran, dass es zwar Abendessen in der Wohnheim-eigenen Kantine gab, jedoch das Essen in den Restaurants sehr günstig war und sehr vielseitig. Es gibt sehr viele Restaurants im Zentrum der Stadt, welche alle im Preisniveau sehr gleich sind, jedoch von den Attraktionen in den Lokalen sich gegenseitig überbieten.
Es gibt verschiedene Typen von Einkaufsmöglichkeiten. Nahe dem Wohnheim sind mehrere große Supermärkte mit Produkten aus der Ukraine, Russland und Mitteleuropa, vorhanden. Dabei ist zu beachten, dass die grundlegend und lebensnotwendigen Produkte wie zum Beispiel Brot, Fisch, Eier usw. wenig kosten; hingegen „Luxusartikel“ wie Brotaufstriche, Schokolade auch Toilettenpapier oder Salami für Ukrainische Verhältnisse teuer sind. Trotz allem ist es viel günstiger als in Mitteleuropa.
Auch günstig sind die Reisen mit dem Hauptverkehrsmittel Zug und Bus. Wir nutzten als Gruppe verschiedene Zugverbindungen aus, um in verschiedene Bereiche der Ukraine zu fahren. Dies nahm jedoch jedes Mal sehr viel Zeit in Anspruch (Bsp. Ivano-Frankivsk – Odessa: 15,5 h). Die Waggons sind bequem und ruhig. Es sind vorwiegend Schlafwaggons, in der 2. Klasse mit 4 Liegen pro abgeschlossenes Abteil. Solche wurden in Deutschland leider schon vor etwa 10 Jahren aus dem Zugverkehr genommen. Wie bei den normalen Autostraßen sind die Schienen für die Züge auch in einem schlechten Zustand. Der Waggon schwankte während der Fahrt durchgängig sehr stark.
Die Buchung für unsere Ausflüge wurde uns vom Internationalen Amt gestattet, so hatten wir genügend Freiheiten unsere Ziele zu wählen. Für die Buchung der Zugtickets halfen uns unsere Übersetzerinnen, da die englische Sprache selbst an der Bahnhofsschaltern nicht üblich ist.
Während der Werkstage ging ich einer festen Aufgabe nach, die ich von meinem Professor bekommen hatte. Die Arbeitszeit wurde jedoch nicht festgelegt, nur das Fertigstellen der Aufgabe sollte natürlich passieren. Der Grad des Anspruchs für die Aufgaben war dem Fortschritt meines Studiums vollkommen ausreichend, da es keine Probleme mit der Bewältigung gab. Man sollte jedoch nicht mit der Einstellung zu diesem Praktikumsort reisen, täglich aufs Neue stark gefordert zu werden. Wählt man dieses Praktikum nur aus dem Grund, um in Verbindung mit seinem Studium etwas fachlich Neues zu lernen, dann sollte man diese Reise in die Ukraine wohl eher nicht unternehmen.
Die Kultur der Einheimischen ist sehr freundlich, außerdem sind die Menschen in Ivano-Frankivsk sehr hilfsbereit. Dies wird man kennenlernen, sobald man sich persönlich mit den Einheimischen auseinandersetzt.
In der Ukraine habe ich viel gesehen, sodass sich dieser Aufenthalt vollkommen gelohnt hat. Es war eine schöne und lange Zeit in der Ukraine, um sie ausführlich kennen zu lernen und die Kultur und die Lebensweise sehr gut einschätzen zu können. Aus diesem Grund würde ich jedem empfehlen, der vor der Entscheidung steht in ein unbekanntes und fernes Land zu reisen, die Ukraine zu nehmen. Da selbst viele Vorurteile, wie „das 2. Gefährlichste Land der Welt“ in Bezug auf Raubüberfälle nicht erfüllt wurden, kann man ohne Bedenken dieses Land wählen.