Wie in der Mode oder im Sport gibt es auch in der theoretischen Physik viele Trends und Neuerungen. Um immer auf den Laufenden zu bleiben, fahren wir auf verschiedenste Tagungen um unser Wissen mit anderen Wissenschaftlern zu teilen und neues Wissen durch direkten Erfahrungsaustausch zu gewinnen. Von diesen Tagungen gibt es Kleinere innerhalb Deutschlands aber auch Größere auf der ganzen Welt. Auch ist nicht jeder Theoretische Physiker gleich dem anderen. Wenn man so will kann man zwei große Gruppen unterscheiden, die Pen-and-Paper Physiker und die numerischen Material- Wissenschaftler. Numerisch? Naja wir nutzen die Macht die der Linux Welt entstammt mit verschiedensten Programmen mit denen man physikalische Eigenschaften von Materialsystemen ohne Durchführung von Experimenten in Laboren berechnen kann. Viele von uns nutzen dazu Programme, welche die Dichtfunktionaltheorie (DFT) nutzen um näherungsweise die Schrödinger Gleichung zu lösen. Wenn ihr jetzt an diese spezielle Katze denkt, dann liegt er damit gar nicht so falsch. Durch die näherungsweise Lösung der Schrödinger Gleichung für Moleküle oder gar Halbleitermaterialen können wir mechanische, thermische aber vor allem elektronische und magnetische Eigenschaften dieser Materialien bestimmen. Warum braucht man das? Experimente unterliegen auch nur bestimmten Genauigkeitsgrenzen wir liefern unabhängige Daten für verschiedenste Experimente (RAMAN, XRD, MOKE etc.) mit denen die Experimente besser und genauer verstanden werden können. Manche Phänomene können auch gar nicht in Labor untersucht werden, auch da sind wieder die numerischen Materialwissenschaftler gefragt. Aber wie gesagt es ist nur eine Näherungslösung und für Näherungen gibt es auch immer mal Fälle wo diese nicht mehr gelten. Und um herauszubekommen welche Näherungen gerade trendy sind habe ich den ELK LAPW Workshop in der schönen Schweiz besucht. ELK so heißt eines meiner Lieblings- DFT Programme und damit kommen wir auch dazu was der Elch mit der theoretischen Physik zu schaffen hat. Der ELK Code verwendet eine der genausten Näherungen auf unserem Gebiet, welche alle Elektronen in den betrachteten System berechnet (LAPW). Der kleine Elch ist Open Source und sehr mächtig. Mit Zuhilfenahme der linearen Response Theorie können optische Eigenschaften für komplexe Systeme wie Multiferroika beschrieben werden, doch schon für Silizium sind diese Näherungen nicht gut genug um exakte mit dem Experiment vergleichbare Ergebnisse zu berechnen. Hier bahnt sich eine andere große Theorie ihren Weg, die sogenannte Many-Body-Theory (MBT, Vielteilchentheorie). Für diverse optische Experimente liefert diese extrem gute Ergebnisse im Vergleich zum Experiment, jedoch bringt oft eine Verbesserung auch einen Nachteil. Diese Art der Rechnungen sind viel rechenintensiver (brauchen viel länger) als vergleichbare DFT Rechnungen. Ein gutes Mittel bietet die time-dependend DFT (TDDFT), welche auch gute optische Ergebnisse liefert, jedoch nicht so gut wie MBT aber dafür nicht so viel Rechenzeit in Anspruch nimmt. All diese Informationen und noch viele mehr habe ich auf der Tagung gewonnen. Aber das ist nicht alles ich habe viele nette Leute aus den unterschiedlichsten Regionen der Welt kennen gelernt. An einem Abend saßen ein italienischer Professor seine japanische Frau, ein japanischer, ein südkoreanischer, ein indischer und ein deutscher Doktorand an einem Tisch und aßen zusammen, lachten und hatten Spaß und alles ohne Verständigungsprobleme. Wir Theoretiker sitzen als nicht nur in unserer dunklen Kammer sondern erkunden die Welt auf dem Rücken unserer „Elche“ und erfreuen uns ihrer Farbenvielfalt.
20. September 2015 – Sebastian Schwalbe