03. August 2020 – Oliver Rheinbach Allgemein

Wer stirbt in Deutschland an Corona?

Die besprochenen S(E)IR-Modelle unterscheiden nicht zwischen geheilten und verstorbenen Infizierten. Die Anzahl der Verstorbenen wird erst im Nachhinein als Anteil der Personen im Status „R“ berechnet. Doch welchen Zahlenwert soll man als Anteil nehmen? Wenn man die Hospitalisierungsrate von SARS-CoV-2-Infektionen kennt, hilft die folgende Studie weiter.

Eine neue Studie in Lancet Resp Med  hat nun für Deutschland für den Zeitraum vom 26.02.2020 bis 19.04.2020 die Daten von 10021 erwachsenen Covid-19-Krankenhauspatienten genauer angeschaut.

Von den 10021 Covid-19-Patienten, die in Krankenhaus kamen, mussten 17% beatmet werden, darunter deutlich mehr Männer als Frauen. Interessanterweise waren davon grob ein Viertel 18 bis 59 Jahre alt, ein weiteres Viertel 60 bis 69 Jahre, ein weiteres 70 bis 79 Jahre und das letzte Viertel über 80. Genauer:

„Of 10 021 hospitalised patients being treated in 920 different hospitals, 1727 (17%) received mechanical ventilation (of whom 422 [24%] were aged 18–59 years, 382 [22%] were aged 60–69 years, 535 [31%] were aged 70–79 years, and 388 [23%] were aged ≥80 years).“

Insgesamt starben 2229 der 10021 Patienten. Wer erst einmal beatmet wurde, hatte eine Überlebenschance von 47 Prozent.

Verschiedene Medien, darunter Scinexx, haben die Studie zusammengefasst.

Langzeitfolgen spielten in der Untersuchung keine Rolle.

Langzeitfolgen einer Covid-19-Erkrankung werden (naturgemäß) erst nach und nach sichtbar und wissenschaftlich untersucht, NTV zitiert den Studienleiter Stefan Schreiber mit den Worten: „Ein 30-Jähriger könnte nach zehn Jahren die Organe eines 60-Jährigen haben, fürchtet er – auch bei leichten Verläufen“. Auch an anderer Stelle wurde über bleibende Schäden (am Herzen), auch bei leichten Verläufen, berichtet.

Eine gute Nachricht dagegen: Eine Studie in Lancet weist auf eine deutliche Schutzwirkung sogar von einfachen OP-Masken hin (wovon man in Asien allerdings schon lange überzeugt ist, auch aus der Erfahrung mit SARS-1):

The use of face masks was protective for both health-care workers and people in the community exposed to infection.

Gemeint sind hier auch einfache OP-Masken („surgical masks“), die nicht den Standards FFP2 (Europa), N95 (USA), oder KN95 (China) („respirators“, „personal protective equipment – PPE“) entsprechen. Allerdings schützen N95-Masken (analog FFP2 oder KN95) besser:

[…] masks in general are associated with a large reduction in risk of infection from SARS-CoV-2, SARS-CoV, and MERS-CoV but also that N95 or similar respirators might be associated with a larger degree of protection from viral infection than disposable medical masks or reusable multilayer (12–16-layer) cotton masks.

Siehe auch die Pressemitteilung und eine Zusammenfassung von NTV.

Bemerkung (13.8.2020): Dies ist auch deswegen bedeutsam, weil es offenbar nur eine einzige randomisierte Studie zum Thema Behelfsmasken (Stoffmasken) gibt. Und die Ergebnisse dieser Studie deuten daraufhin, dass medizinisches Personal sich nicht auf Baumwollmasken verlassen sollte – sie werden offenbar in manchen Ländern von medizinischem Personal eingesetzt, wo Einweg-OP-Masken schlecht verfügbar sind.

Bemerkung: Die Schutzwirkung von OP-Masken (und auch von FFP2/N95/KN95-Masken) basiert auf einem Filtervlies, das den Luftstrom einerseits gut durchlässt, andererseits nur sehr feine Löcher hat. Dagegen kann man bei (gewebten oder gestrickten) Baumwoll-Behelfsmasken meist kleine Löcher sehen, wenn man sie gegen das Licht hält. Natürlich kann man nun viele Lagen Baumwollstoff übereinander legen, aber dann wird der Atemwiderstand größer, so dass die Gefahr besteht, dass viel Luft um die Maske herum geht, statt hindurch. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass im obigen Artikel  „multilayer (12–16-layer) cotton masks“ als Ersatz für OP-Masken genannt werden.

Die Schutzwirklung von FFP2-Masken basiert wesentlich auf ihrer Passform: Es geht nur wenig Luft um die Maske herum, genauer gesagt, darf die Gesamtleckage (Undichtigkeit) nur 8% betragen. Dazu muss die Maske allerdings auch gut passen.

Fazit: Wer sicher gehen will, weil er oder sie sich zu einer Risikogruppe zählt, sollte weiterhin auf FFP2- oder KN95-Masken zurückgreifen. Masken nach dem amerikanischen N95-Standard sind in Deutschland aktuell kaum zu bekommen.

Die Studie gibt nun aber erstmals wissenschaftliche Hinweise, dass man sich auch durch eine OP-Maske schützen kann – auch wenn die Schutzwirkung geringer ist.

Vielleicht hat also auch eine Baumwoll-Behelfsmaske eine Schutzwirkung. Sicher ist: Eine Brille, zusätzlich zur Maske, hilft zusätzlich.

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